Engel – Flügel der Hoffnung

Ein Beitrag von Carina Heim und Henry Frömmichen

Mutter Tochter

Jahr für Jahr, gerade in der Advents- und Weihnachtszeit, sehen wir sie überall: Engel in den unterschiedlichsten Variationen: als beliebte Dekorationselemente in Auslagen und Geschäften, als Weihnachtsengel – früher auch „Rauschgoldengel“ genannt – in unseren Wohnzimmern oder als Zierde von Weihnachtspostkarten.

Wir basteln in der Vorweihnachtszeit Engel mit unseren Kindern und mögen diese Motive vor allem, weil letztere „niedlich“ aussehen: blondgelockte Haare, ein weißes Kleid, ein kindliches Gesicht, Flügel …

Die spirituelle Bedeutung des Engels indes geht in unserer schnelllebigen Zeit zunehmend verloren.

Engel als Himmelsboten

Die drei großen abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam kennen Engel als Geistwesen, z.T. in (geflügelter) Menschengestalt. Sie werden als von Gott geschaffene Wesen angesehen.

Sie können Boten, Begleiter, Beschützer sein. Sie können einzeln oder im Chor auftreten. Engel schlagen die Brücke zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Menschen. Sie verkünden Freude und Frieden, im Falle der Apokalypse auch Unheil. Engel sind Mittler von Gottes Nähe und Zuwendung, seinem Schutz und seinem Geleit. Sie bringen Menschen mit dem besonderen Raum ihrer eigenen Seele in Berührung. Sie inspirieren den Alltag, sie beflügeln und zeigen, was der Seele guttut.

Engel im Leben

Von Engeln handeln zahlreiche Gedichte, Romane, Filme und Musiktitel. Wir begegnen ihnen in Malerei und Volkskunst, aber auch beim Gang durch die Stadt: an Häusern, auf Säulen, als Brunnenelemente oder – in Friedhöfen – auf zahlreichen Grabstätten. Die zweitgrößte Metropole in den USA nennt sich „Stadt der Engel“ – Los Angeles.

In unserer Alltagssprache sind Engel ebenfalls gegenwärtig. Als Kosenamen für geliebte Menschen verwenden wir so manches mal „Engerl“, „Engelchen“ oder „Engel“. Bleibt unser Auto auf der Straße oder der Autobahn liegen, sind wir froh und dankbar, wenn uns die „gelben Engel“ eines bekannten deutschen Automobilclubs zur Hilfe kommen. Eine bayerische Schlossbrauerei kreierte eine „Engerl Weiße“. Und wenn uns jemand beigestanden hat, wenn wir es dringend nötig hatten, bezeichnen wir ihn oft als „Engel“.

Engelsfigur Kirche

Unsterbliche Engel

Seit Jahrhunderten versucht das wissenschaftlich-rationalistische Denken zu beweisen, dass Engel „überflüssige, nicht notwendige Nicht-Wesen“ sind. (vgl. Thomas Palzer: Die Gestalt des Engels, 22.03.2015, in: Archiv Deutschlandfunk). Und doch glaubten laut einer vom Spiegel beauftragten Umfrage zu religiösen Vorstellungen in Deutschland im März 2019 40 Prozent der Befragten an die Existenz von Engeln. Unter Katholiken (48 Prozent) und Protestanten (43 Prozent) war der Glauben ausgeprägter als bei Konfessionslosen (26 Prozent), in Westdeutschland ausgeprägter als in Ostdeutschland (41 zu 36 Prozent) (vgl. Dietmar Pieper: Der Himmel ist leer, in: Spiegel Nr. 17 vom 20.4.2019, S. 48 ).

Vielleicht hilft uns das Bild des Engels, den Raum zwischen Himmel und Erde fühlbarer und verständlicher zu machen. Anselm Grün, Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, formulierte es so: „Engel sind Botschafter einer anderen, tieferen Wirklichkeit für die Menschen (…). Engel sind Bilder der tiefen, bleibenden Sehnsucht nach Hilfe und Heilung, die nicht aus uns selbst kommt“. (vgl. Anselm Grün: 50 Engel für das Jahr, Freiburg im Breisgau, 1997, S. 8.).

Und wer von uns hat noch nie seinem Schutzengel gedankt?

„Es ist noch einmal gut gegangen“. Schutzengel mein…

Viele glauben und vertrauen darauf, einen Schutzengel zu haben, der einen selbst, die Kinder und Familie vor Unheil bewahrt: sei es im Beruf, auf der Straße oder in einem gefahrvollen Umfeld. Der Gedanke der schützenden Engel kommt in einem Psalm zum Ausdruck, der gerne als Taufspruch verwendet wird: „Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.“ (Psalm 91,11-12).

Engelsfiguren

Weihnachtszeit – Zeit der Engel

Gerade die Weihnachtszeit ist die Zeit der Engel. In den Evangelien um das Fest der Geburt Jesu Christi spielen Engel eine wichtige Rolle: Neun Monate vor Jesu Geburt erscheint der Engel Gabriel der Jungfrau Maria und überbringt ihr die Botschaft, von Gott auserwählt worden zu sein, die Mutter seines Sohnes zu werden. Es sind Heerscharen von Engeln, die den Hirten auf dem Felde die Nachricht überbringen, dass Jesus, der Retter der Welt, in einem Stall zu Bethlehem geboren worden ist. In diesen Engeln manifestieren sich Hoffnung, Glaube und Liebe.

Diese himmlischen Wesen – so ließe sich sagen – weben unsichtbare Netze aus Liebe und Geborgenheit um unsere Welt. Ihre Flügel, leise rauschend im Sternenglanz, symbolisieren die Wacht über uns in dieser besonderen Zeit. Sie können Menschen in Trauer oder in Einsamkeit besonderer Quell von Trost und Hoffnung sein. Die Vorstellung, dass ein geliebter Mensch als Engel über uns wacht, kann Licht in dunkle Stunden der Trauer bringen.

In den sanften Schwingen der Erinnerungen kann der Glaube an einen Schutzengel die Brücke zwischen hier und dort zu den Geliebten schlagen, die wir vermissen.

Weihnachtswunsch – „Ein Engel für andere sein“

Die Idee des Schutzengels im Alltag erinnert uns daran, achtsam und dankbar für die kleinen Wunder und positiven Ereignisse zu sein, die uns Tag für Tag begegnen. Sie kann uns auch ermutigen, selbst ein Engel für andere zu werden.
Und das ist gleichsam auch der Wunsch, den wir mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest verbinden und in die Welt hinaustragen wollen.

Grafik Engel

Mensch + Herz = Engel

(Grafik aus: ENGEL – GOTTES NÄHE SPÜREN. Impulse zur Adventzeit 2014, S. 12, Herausgeber: Dietmar Prielipp für die Kolpingfamilie Willich und Gemeinschaft der Gemeinden (GdG)Willich, online unter: www.kolping-willich.de, ENGEL – GOTTES NÄHE SPÜREN)

Frau mit Engelsflügeln

MANCHMAL MÖCHTE ICH DEIN ENGEL SEIN:

ICH MÖCHTE DICH STÄRKEN, WENN DU SCHWACH BIST,

DICH TRAGEN, WENN DU DICH AUF UNSICHEREM BODEN BEWEGST,

UND HINTER DIR STEHEN, DAMIT DIR NIEMAND IN DEN RÜCKEN FÄLLT.

ICH MÖCHTE DICH TRÖSTEN, BEHUTSAM UND SACHT,

UND AUFMERKSAM SEIN AUF JEDES WORT DEINER KLAGE.

AUF DEM WEG DER WANDLUNG VON DER TRAUER

HIN ZUM ZARTEN AUFKEIMEN NEUER HOFFNUNG

WÜRDE ICH DICH GERNE BEGLEITEN.

MANCHMAL MÖCHTE ICH DEIN ENGEL SEIN

UND DIR DAS TOR ÖFFNEN ZU EINER WELT,

REICH AN FREUDE UND FRIEDEN.“

(Christa Spilling-Nöker: Manchmal möchte ich Dein Engel sein, zitiert nach: www.KLJB-bayern.de „Glaubst Du an Engel?“ Ein Modell für einen Gottesdienst, S. 3)

Wir wünschen eine frohe und friedvolle Weihnachtszeit.

Henry Fröhlichen & Carina Heim