Vom Lieben – Verlieren – Lieben: Teil II „Goodbye happiness“
Im ersten Teil dieses Artikels haben wir darüber gesprochen, wie fantastisch sich die erste große Liebe anfühlt. Aber nicht jede Liebe hält ewig. In unserem zweiten Teil sprechen wir deshalb darüber, wie es ist, wenn einen das Glück verlässt. Denn tiefe Trauer entsteht nicht nur beim Tod eines geliebten Menschen, sie kann auch beim Verlust der großen Liebe entstehen.
Der Zeitpunkt steht nicht in den Sternen und bestimmt nicht in deiner Alltags-To-do-Liste. Und auch, wenn es absehbar ist, überkommt es dich wie ein Schock oder – noch besser gesagt – wie eine Welle. Langsam und leise bahnt sie sich an und wenn du das Rauschen wahrnimmst, ist es bereits zu spät. Du stehst nur da, mitten im Leben, mit deinem Glück an der Hand und plötzlich entreißt dich die besagte Welle. Sie saugt dich in deiner rosaroten, heilen Welt auf und spuckt dich an einem ganz anderen Punkt in deinem Leben wieder aus: ungerührt, kommentarlos und vor allem ohne dich zu fragen.
Verloren im Chaos
Du siehst „deinem“ Menschen in die Augen. Du kennst diese Augen. Es sind die Augen, in die du dich irgendwann einmal so unglaublich verliebt hattest. Nur die Frage, die so an dir nagt, steht unverrückbar im Raum: seit wann gehören diese Augen wieder einem Fremden?
Du schwimmst in einem Meer von Gefühlen, die dich von innen heraus zu zerreißen versuchen. Du fragst dich, wie du dich in diesem ganzen Gefühlschaos, das kein stimmiges Bild mehr ergibt, zurechtfinden sollst. Wie viele Tränen musst du noch weinen, bis es aufhört weh zu tun? Das Gefühl unvollkommen und unvollständig zu sein, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack und die Austauschbarkeit scheint dich von innen heraus aufzufressen.
Warum?
Du hasst die Enttäuschung in den Augen der anderen, wenn du ihnen von deiner gescheiterten Beziehung erzählst. Sie reiben dir das Mitleid und die gut gemeinten Ratschläge nur so unter die Nase. Du weißt, insgeheim fällen sie doch sowieso ihr Urteil und sind einfach nur froh, nicht an deiner Stelle zu sein.
Wenn jemand das Recht auf Enttäuschung hat, dann ja wohl ich, denkst du verzweifelt und reichst dem Selbstmitleid, wie so oft in letzter Zeit, deine Hand. Hinterhältig zieht es dich immer weiter herunter, bis du in seinem Sumpf fast ertrinkst.
Hassen wäre so einfach, weil`s doch so weh tut, ihn zu lieben, weil`s so weh tut, wie er lacht und weil du Angst hast, dass er wieder liebt und es dich zerreißt, wenn du weißt, er tut es ohne dich.
Unzählige Fragen tauchen auf: Fragen, die überwiegend mit „wieso“, „warum“ oder „was“ beginnen. Wieso ich? Warum ist so viel falsch an mir? Was haben die anderen, was ich nicht habe?
Hör auf damit!
Hör auf, dich zu fragen, wieso. Hör auf Andere zu fragen warum und bitte hör vor allem damit auf, nur noch dich selbst in Frage zu stellen.
Manchmal verlassen geliebte Menschen dein Leben und es fühlt sich so an, als hinterließen sie eine Lücke. Vielleicht machen sie aber auch einfach nur Platz in dem Boot, in dem ihr eine gewisse Zeit eures Lebens nebeneinander gesessen seid und das ihr vermeintlich gemeinsam gesteuert habt. Tatsächlich hat jeder es ein stückweit allein gelenkt – nur leider in unterschiedliche Richtungen.
Auf einmal einsam
Jetzt bist du allein. Allein in deinem Boot, allein auf deiner Reise in ein Leben mit einem Horizont, verborgen hinter Wolkenschwaden. Es hat etwas mit dir gemacht, als „dein Mensch“ von eurem Boot gesprungen ist. Er wurde wieder zu einem Fremden und euer sonst so sicheres Schiff hatte plötzlich ein Leck. Du hast es leider erst gemerkt, als dir das Wasser schon bis zu den Knöcheln stand. Es hätte dir früher auffallen müssen. Er hat dein Boot zum Wanken gebracht. Dein großes, besonderes Glück wurde zu einer – mit seinem Gesicht gezierten – Erinnerung, die deine Tagträume zum Albtraum werden lassen.
Loslassen, um zu bewahren
Und trotzdem kannst du das alles nicht einfach vergessen. Und wenn du’s könntest, würdest du‘s nicht tun, einfach weil du nicht bereit bist, jetzt schon loszulassen, auch wenn dir das alle anderen raten. Und was heißt schon loslassen? Ist der Mensch, den du geliebt hast, dann weg? Ist die Liebe dann weg? Vielleicht musst du dir aber auch keine Gedanken über das Loslassen, sondern über das Behalten machen. Auf welche Weise tut es dir gut, an jemanden festzuhalten, der bereit ist zu gehen? Vielleicht heißt loslassen dann ja gar nicht jemanden endgültig zu verlieren, sondern einfach nur jemanden gehen zu lassen, um ihn in der besten Version da zu behalten, wo ihn keiner mehr nehmen kann.
Im dritten und letzten Teil dieses Artikels befassen wir uns mit dem Thema Heilung. Denn genauso wie bei der Trauer über den Tod eines geliebten Menschen, lernt man auch nach dem Ende einer Liebe nach und nach damit umzugehen. Das geschieht nicht von heute auf morgen, aber nach und nach wird es besser.
Kathi Neusiedler