Vom Lieben – Verlieren – Lieben: Teil III „Heilung“
Wenn die Liebe zu Schmerz werden kann, dann kann dieser Schmerz auch heilen. Egal, auf welche Art und Weise wir einen geliebten Menschen verlieren. All die Enttäuschung, die Wut und die Trauer transformieren sich im Laufe der Zeit. Ganz langsam, Schritt für Schritt, löst die Akzeptanz die Wut ab.
Nur weil jemand einen nicht mehr so lieben kann, wie es einmal war, bedeutet das nicht, dass man nicht mehr liebenswert ist. Es ist okay, das zu schätzen, was war und trotzdem froh zu sein, dass es vorbei ist. Man darf das alles vermissen, und trotzdem nicht zurückwollen. Und man darf brechen, um neu zu wachsen.
Auch wenn du „deinen“ Menschen nicht verlieren willst, weißt du am Anfang meist nicht, dass sein Name nur die Überschrift eines Kapitels und nicht das ganze Drehbuch ist. Vielleicht sind der Verlust und der Schmerz im Leben nur deshalb so zerschmetternd, damit aus alten Scherben neue Puzzle werden. Vielleicht brauchen wir das, damit sich unser Leben transformiert, und wir nicht an einem Punkt stecken bleiben, an dem wir irgendwann nicht mehr sein wollen.
Du bist zwar noch traurig, aber dieser brennende Knoten in der Brust löst sich langsam. Mit ein bisschen mehr Zeit, lenkst du deine Konzentration wieder auf die Dinge, die dir Kraft geben. Jeder Moment, den du in dich selbst und nur für dich selbst investiert, heilt dich ein bisschen mehr.
Trauer ist ein Prozess. Ein Prozess mit Phasen, in denen du immer wieder aufs Neue hinterfragst: dich selbst und auch alles um dich herum.
Der Weg zu dir zurück
Liebe ist nicht immer nur unfassbar stark, im Gegenteil, manchmal ist sie wie Porzellan. Porzellan, das in tausend Teile zerbrechen kann. Tausend Teile, die nie mehr das alte Bild ergeben. Tausend Teile, die du klebst, die du heilst. Immer und immer wieder. Und dann entsteht ein Puzzle mit Teilen, die auf eine neue Art zusammenpassen, weil du sie neu geschliffen hast. Vielleicht auch mit neuen Farben, die noch heller und bunter strahlen als zuvor, weil es deine Farben sind. Farben, die du auf ganz andere Art und Weise gemischt hast als früher.
Liebe ist viel mehr als nur ein Gefühl. Verlust ist viel mehr als nur Schmerz. Beides zusammen verwandelt sich zu deiner eigenen Geschichte, die genauso wie du sie geschrieben hast, dein Leben immer und immer wieder aufs Neue formt.
Also was, wenn das Wanken eigentlich ein Schaukeln ist? Was, wenn der Stupser, der dein Boot zum Schaukeln gebracht hat, gar nicht so stark war, wie er sich zuerst angefühlt hat? Was, wenn der Schubser dich einfach nur daran erinnern sollte, dass das Leben mehr bereithält als den Plan, den man sich so sorgfältig zusammengeschmiedet hat.
Denn auch wenn man wirklich kentert und das Boot zu sinken droht, hat man immer noch die Möglichkeit zu schwimmen. Also wenn dein Leben dich mal wieder auf die Probe stellt, und du nicht weißt, wieso du, wieso jetzt und wieso nicht irgendwer anderes … dann vielleicht, weil es für dich einfach an der Zeit war, wieder schwimmen zu lernen.
Also was ist Liebe?
Liebe ist ein Gefühl, das sich ein Leben lang verändern, brechen und neu wachsen darf.
Ein Gefühl, das wir für verschiedene Menschen auf unterschiedliche Art und Weise empfinden können. Für Freunde, für Familie oder eben für den Partner.
Liebe ist ein Geschenk. Ein Geschenk, dass meist unverhofft, ungeplant und unkontrollierbar erscheinen und auch wieder verschwinden kann. Ein Geschenk, das in der Erinnerung zu schätzen, in der Gegenwart zu genießen und in Zukunft voll Vorfreude zu erhoffen ist.
Kathi Neusiedler
